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Die zunehmende Vermischung von Arbeit und Freizeit ist ein Phänomen unserer Zeit. Welche Risiken, aber auch Vorzüge es birgt und was Unternehmen jetzt bereits ändern können, lesen Sie in diesem Artikel.

Definition Work-Life-Blending

Unter Work-Life-Blending versteht man die Vermischung zwischen beruflichen und privaten Belangen. Sowohl Arbeitszeit als auch Zwischenmenschliches werden nicht mehr scharf vom Privatleben abgegrenzt. Zum Beispiel wird Berufliches auch nach Feierabend erledigt oder die Freizeit mit den Kollegen verbracht.

Warum die Work-Life-Balance tot ist

Noch vor ein paar Jahren war die Work-Life-Balance in aller Munde und wurde hitzig diskutiert. Inzwischen hat sich das Thema relativiert, denn viele Work-Life-Balance-Initiativen verstehen darunter eine klare Trennung zwischen Leben und Beruf und versuchen die Arbeit in enge Zeitfenster zu drängen. Dass das nicht funktioniert, zeigen aktuelle Studien.

Studie zum Thema

Was früher nur für Geschäftsleute galt, ist inzwischen auch für Arbeitnehmer zur Normalität geworden. So lesen laut einer Umfrage der GFU unter 6.000 Teilnehmern 42 Prozent der Befragten auch in ihrer Freizeit geschäftliche Mails. 28 Prozent von ihnen beantworten sie sogar, Tendenz steigend. Wo es die eine Seite gibt, da gibt es auch die andere. Denn ebenfalls 42 Prozent der Befragten lesen während der Arbeit private Mails oder halten sich auf Facebook auf. Eine von Randstad durchgeführte Umfrage ergab sogar einen Wert von 58 Prozent.

Work-Life-Balance gegen den Trend

Die Work-Life-Balance, so wie sie oft verstanden wird, widerspricht damit dem Trend nach mehr Flexibilität und Mobilität. Denn Stress entsteht nicht zwangsläufig dadurch, dass Arbeit auch außerhalb des Büros erledigt wird.

Beispiel

Durch die Möglichkeit, auch von unterwegs oder von zu Hause aus Kundenanrufe annehmen zu können, kann ein Mitarbeiter das Büro früher verlassen ohne fürchten zu müssen, dass er bei einer dringenden Angelegenheit nicht erreichbar ist. So kann er ohne schlechtes Gewissen zum Beispiel etwas Wichtiges privat erledigen und muss seine Zeit nicht im Büro „absitzen“.

Eine höhere Selbstbestimmung und Souveränität über die eigene Arbeitszeit führt dazu, dass sich Mitarbeiter als Fachkraft ernstgenommener fühlen und dadurch motivierter und produktiver sind. Und gerade Wissensarbeit ist keine Fließbandarbeit, die sich zu einer bestimmten Uhrzeit abrufen lässt. Die besten Einfälle können beim Einkaufen oder nachts beim Zähneputzen kommen. Und dafür dann ins Büro fahren oder sogar bis zum nächsten Morgen warten, damit man das Konzept ausarbeiten kann? Eher unrealistisch.

 

Kein Trend ohne Risiken. Wie bei jeder Veränderung müssen sich auch für die Arbeit der Zukunft neue Regeln einspielen. Denn Work-Life-Blending kann auch bedeuten, dass …

  • Arbeitszeit zulasten der Arbeitnehmer unkontrolliert ausgeweitet wird
  • eine übersteigerte Vorstellung von Leistung zur Selbstausbeutung führt
  • Gesundheitsrisiken durch eine fehlende Kontrollinstanz steigen
  • sich die Grenzen zwischen Kollegen und Freunden auflösen
  • und dadurch ein Jobverlust zu einer Lebenskrise führt

 

Auf der anderen Seite ist dieser Trend Teil einer neuen Lebensphilosophie: Weg vom Brotjob hin zu mehr Selbstbestimmung und Sinnstiftung. Work-Life-Blending bedeutet auch, dass…

  • Familie und Beruf besser miteinander vereinbar sind
  • Produktivitätsphasen besser genutzt werden können
  • und Arbeitsstunden nicht mehr abgesessen werden
  • für private Angelegenheiten keine Urlaubstage geopfert werden müssen
  • die Motivation durch mehr Selbstbestimmung steigt

Work-Life-Blending definiert Arbeitszeit um

Arbeitszeit bedeutete früher, zu einer bestimmten Zeit den Dienst anzutreten und nach einer vereinbarten Dauer zu gehen. Dieses Modell löst sich auf. Die Forderung der Arbeitgeberverbände, den 8-Stunden-Tag abzuschaffen ist bereits obsolet, da dieser in vielen Branchen nicht mehr der Arbeitswirklichkeit entspricht. Mit allen positiven und negativen Folgen. Denn während diese Entwicklung für einige Arbeitnehmer tatsächlich zu einer Flexibilisierung zu ihren Gunsten führt, heißt sie für andere eine versteckte Lohnsenkung und unbezahlte Mehrarbeit. Eine Neudefinition über den Wert der Arbeitszeit ist daher dringend erforderlich.

Fairness und Vertrauen durch Zeiterfassung

Schon heute experimentieren Unternehmen mit neuen Arbeitszeitmodellen, die in den häufigsten Fällen Arbeitszeit als Wertgut betrachten. So können zum Beispiel Arbeitsstunden auf Langzeitarbeitskonten eingezahlt werden, um diese dann für Sabbaticals, einen früheren Renteneintritt oder andere Zwecke einzulösen. Andere überlassen es den Mitarbeitern, an welchen Tagen sie wie lange arbeiten wollen. Hauptsache die vertragliche vereinbarte Arbeitszeit ist am Ende des Monats oder Jahres erfüllt.

Das ist natürlich nur möglich, wenn diese Stunden dokumentiert werden. Auf einem elektronischen Arbeitszeitkonto werden Soll- und Ist-Stunden automatisch verwaltet und sind jederzeit für Arbeitgeber und -nehmer einsehbar. Beginn und Ende der Arbeitszeit werden dabei mittels Terminal, Smartphone oder über den Browser erfasst. Durch die hohe Transparenz entsteht so ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Vertragsparteien.

von | 16.08.2017

3 Kommentare
  1. Hallo Dennis,

    vielen Dank für deine Gedanken und deinen Blogartikel. Da ich leider keine Kommentare auf deinem Blog hinterlassen kann, führe ich diesen Dialog hier weiter.

    Ich gebe dir absolut Recht, dass eines der wichtigsten Methoden, um Stresserkrankungen zu vermeiden, das bewusste Abschalten von der Arbeit ist. Gerade das Smartphone sorgt dafür, dass die Arbeit quasi mit ins Bett und an den Essenstisch genommen wird. Es kann sogar zu Krisen in der Partnerschaft, der Familie oder im Freundeskreis führen, genau dann, wenn derjenige mit seinen Gedanken immer nur „bei der Arbeit“ hängt. Diese Technik des bewussten Abschaltens müssen wir leider noch lernen, sie hat sich gesellschaftlich noch nicht „ritualisiert“.

    Soziales Interagieren hat oft etwas mit der Erfüllung von Erwartungshaltung zu tun oder der Erwartung, dass bestimmte Gewohnheiten erfüllt werden. Daher kommt es zu dem Irrglauben, nur weil man über Mail bzw. Messenger Menschen unmittelbar (nämlich direkt in ihrer Tasche oder sogar über ihre Smartwatch) erreichen kann, dass die Antworten genauso prompt erfolgen müssen. Und genauso setzt man sich selbst unter Druck (Druck=Stress), dieser Erwartungshaltung (selbst wenn man sich diese nur einbildet) gerecht zu werden.

    Ich halte es daher für einen Fehlschluss, die Auflösung der Grenze zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit (deine Bemerkung zum Begriff Life fand ich sehr gut) unter Generalverdacht zu stellen. Nix ist gewonnen, wenn man alles über einen Kamm schert und in einer so individualisierten Welt wie der unseren erneut starre Vorstellungen von Lebensgestaltung etabliert.

    Von dem Thema „Hobby zum Beruf machen“ halte ich leider wenig. Arbeit ist nun mal auch Geschäft, d.h. es muss Geld damit verdient werden. So kann ein leidenschaftliches Hobby im Beruf genau das verlieren, was man an ihm so liebt. Und das wiederum macht sehr unglücklich. Daher wäre ich mit so einem Tipp vorsichtig und wurde ihn dahingehend modifizieren zu sagen: „Beschäftige dich im Beruf mit Themen, die dich brennend interessieren“.

    Das waren meine kurzen Montagsgedanken dazu. Ich freu mich von dir weiteres zu lesen.

    Viele Grüße,

    Jessica

    Antworten
  2. Hallo Jessica,

    Ich bin eben über diesen wirklich hochinteressanten Artikel gestolpert und dachte mir, ich hinterlasse kurz einen Kommentar dazu, denn auch mir selbst liegt das Thema Work-Life-Balance ziemlich am Herzen, obwohl ich eine ganz eigene Vorstellung davon habe (vgl. Konfuzius: Wer das macht, was er liebt, braucht nie wieder zu arbeiten). Vor diesem Hintergrund aus, schließe ich mich dem (durchaus provokativen) Urteil, Work-Life-Balance sei tot, grundlegend auch an.

    Dennoch weiß ich aus vielen Gesprächen (ich biete einen Online-Kurs für den Ausbilderschein an; keine Angst, das soll keine Schleichwerbung werden, ich wollte nur kurz den Hintergrund klären) mit Kunden von mir, in denen dieses Thema präsenter ist, als man meinen könnte, dass nicht jeder die Chancen hat, bzw. nutzen kann, sich völlig frei zu entfalten. Kurzum: Manche Menschen sind leider darauf angewiesen (um die Familie zu ernähren etc.), in einem Job zu bleiben, der mitunter wenig bis gar keinen Spaß macht. Umso wichtiger ist es in meinen Augen also trotzdem – unabhängig davon, dass ich den hier getroffenen Punkten vom Prinzip her beipflichte -, dass man Maßnahmen für sich findet, sich abzugrenzen.

    Damit das nicht zu weit führt, würde ich zu näheren Infos, wie ich da ganz konkret darüber denke, gerne auf einen Artikel verweisen, den ich zu dem Thema geschrieben habe: https://ausbilderschein24.de/work-life-balance-optimieren/

    Über Feedback würde ich mich da ebenfalls sehr freuen, auch über weiteren Austausch über das Thema.

    Beste Grüße
    Dennis

    Antworten
  3. Hi Jessica, vielen Dank für deine weiterführenden Gedanken zu dem Thema. Besonders dein Punkt, das Hobby zum Beruf zu machen als potenziellen Weg ins Unglück zu bewerten, hat mich ziemlich nachdenklich gemacht, weil es bei mir persönlich ein ganz großer Weg ins Glück war.

    Von sich auf die Allgemeinheit zu schließen, sollte aber natürlich nur mit Vorsicht gemacht werden. Ich werde daher mal über eine Abschwächung der Aussage, bzw. ggf. einen eigenständigen Artikel dazu nachdenken. Vielen Dank für den Input und beste Grüße!

    Antworten

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